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Wenig Schnee, viel Hitze: Gletscher schrumpfen weiter

Gletscherschwund im Rekordtempo: Warum ein schneearmer Winter und Hitzewellen das Schweizer Gebirge gefährlicher machen – und was das für Alpendörfer wie Blatten bedeutet.

Die Schweizer Gletscher haben innerhalb von zehn Jahren ein Viertel ihrer Eismasse verloren (Archivbild)
Foto: Matthias Schrader/AP

Keine Pause für Schweizer Gletscher: 2025 verzeichnete den viertgrößten Rückgang seit Beginn der Messungen 1950. Laut dem Gletschermessnetz Glamos sank ihr Volumen um drei Prozent, was 1,4 Kubikkilometern oder 1,4 Milliarden Kubikmetern entspricht. Dies war auf Hitzewellen im Juni und August zurückzuführen, die auf einen schneearmen Winter 2024/25 folgten.

Noch dramatischer ist die Betrachtung über zehn Jahre: Da ist die Eismasse um ein Viertel geschrumpft. Die Entwicklung erhöht Gefahren im Gebirge, wie Glamos-Leiter Matthias Huss warnte. «Die stetig schwindenden Gletscher tragen dazu bei, dass sich das Gebirge destabilisiert. Dies kann zu Ereignissen wie im Lötschental führen, wo im Mai eine Fels-Eis-Lawine das Dorf Blatten verschüttet hat.» 

Wenn die Gletscher schmelzen, wird das Gestein freigelegt und Schutt und Geröll können sich lösen. Durch die Erwärmung des Gesteins durch die Sonne taut der zuvor dauerhaft gefrorene Boden auf, wodurch sich Wasser in Spalten sammeln kann und dadurch Gestein abgespalten wird.

Weniger Schmelzwasser

In der Schweiz dürfte bereits die Süßwasserversorgung aus Gletscherschmelzwasser schrumpfen, sagte Huss. Es ist ein wichtiger Bestandteil der Süßwassermengen in der Natur, etwa in Flüssen und Seen. Je kleiner die Gletscher, desto weniger Schmelzwasser. Nach Angaben von Huss ist der höchste Punkt der Schmelzwasserabgabe wahrscheinlich bereits überschritten. «Die Eisfläche ist schon so stark zurückgegangen, dass dies schon eine geringere Abflussmenge freisetzt – auch, wenn das Eis sehr stark schmilzt beziehungsweise in der Dicke abnimmt.» 

Nullgradgrenze über 5000 Metern

Wie war die Lage 2025? «Schon in der ersten Julihälfte war die Schnee-Reserve aus dem Winter aufgebraucht und die Eismassen begannen so früh wie kaum je zuvor zu schmelzen», so das Netzwerk. In Teilen Graubündens sei so wenig Neuschnee wie nie seit Messbeginn gefallen. Bei der Hitzewelle im August habe die Nullgradgrenze teils auf mehr als 5.000 Metern Höhe gelegen. An mehreren Gletschern verschwand der Schnee bis in den Gipfelbereich, etwa am Claridenfirn im Kanton Glarus. 

Der Volumenrückgang war nur in den Jahren 2022, 2023 und 2003 größer. Mehr als 1.000 kleinere Gletscher sind bereits verschwunden, darunter der Pizolgletscher im Kanton St. Gallen. Die Schweiz verfügt noch über rund 1.400 Gletscher.

dpa