Die unerträgliche Hitzewelle hält Bangkok fest im Griff. Touristen und Einheimische leiden unter Temperaturen über 52 Grad. Auch andere Länder in der Region klagen über Rekordhitze.
Hitze in Südostasien erreicht extreme Ausmaße
Die Leute in Bangkok bewegen sich in diesen Tagen sehr langsam. Sehr langsam. Verkäufer in den Straßenständen fächeln sich mit allem, was sie zur Hand haben, Luft zu. Touristen laufen mit hochroten Köpfen und schweißnassen T-Shirts durch den Wat Arun und andere berühmte Tempelanlagen. Eine unerträgliche Hitzewelle hat die thailändische Hauptstadt und viele andere Landesteile seit Wochen fest im Griff und will einfach nicht enden. Anderen Ländern in der Region geht es kaum besser.
Wer nicht zwingend nach draußen muss, verweilt in klimatisierten Räumen – insbesondere die bekannten, angenehm temperierten Einkaufszentren der Glitzermetropole sind derzeit sehr beliebt. Die Behörden raten ebenfalls dazu, längere Zeit im Freien zu vermeiden. Es werden regelmäßig Warnungen herausgegeben, da der Hitzeindex – die gefühlte Temperatur unter Berücksichtigung von Luftfeuchtigkeit und anderen Faktoren – insbesondere zur Mittagszeit über 52 Grad liegt.
«Dass es in Bangkok so unerträglich ist, liegt natürlich auch daran, dass es so wenige Bäume gibt», sagt die Deutsche Nicole, die seit sieben Jahren in der Stadt lebt. «Es gibt kaum Natur und daher auch kaum Schatten.» Seit Jahresbeginn sind laut Gesundheitsbehörden im Land schon 30 Menschen durch hitzebedingte Erkrankungen gestorben.
Wasserknappheit auf Urlaubsinseln
Die Thailänder sind an hohe Temperaturen gewöhnt, speziell im April, dem traditionell heißesten Monat des Jahres. Aber so extrem wie in diesem Jahr war es fast noch nie, klagen die Bewohner einstimmig. Und schon gar nicht über einen so langen Zeitraum. Besonders heftig: Selbst nachts gibt es keine Abkühlung. Die Temperaturen fallen kaum unter 30 Grad.
«Nicht nur Ausländer, selbst die Thais schütteln den Kopf über diese unglaublichen Temperaturen», sagt die Münchnerin Barbara, die seit fünf Jahren auf der bei Deutschen sehr beliebten Urlaubsinsel Koh Samui lebt. «Es gibt kaum ein anderes Thema.» Hinzu kommt Wasserknappheit, weil die Reservoirs auf einem Tiefststand sind und das Wasser, das vom Festland auf die Insel gepumpt wird, nicht mehr ausreicht. Privatunternehmen mit Tanklastern machten derzeit einen Riesen-Reibach, erzählen Einwohner.
Rekordwerte von Vietnam bis Bangladesch
Thailand ist nicht allein. Auch andere Länder in Südostasien und Südasien verzeichnen Hitzerekorde – vor allem die Philippinen, Bangladesch und Vietnam. Südvietnam mit der Millionenstadt Ho-Chi-Minh-Stadt (früher: Saigon) beklagt die längste Hitzewelle seit 30 Jahren. Seit Jahresbeginn lagen die Tageswerte laut Meteorologen fast immer über 35 Grad. In einigen Regionen wurden sogar Temperaturen von rund 40 Grad gemessen.
«Es ist so heiß, dass ich nur am frühen Morgen Landwirtschaft betreiben kann», sagt der Farmer Pham Van Bau. «Ich mache mir große Sorgen, dass die Fische in meinen Teichen wegen des extrem warmen Wassers sterben werden.» Wie auch in Thailand hat die Gluthitze derweil den Stromverbrauch zu Allzeit-Rekorden getrieben.
El Niño treibt Temperaturen in die Höhe
Verantwortlich ist Experten zufolge vor allem das gefürchtete Klimaphänomen El Niño. Die Weltwetterorganisation (WMO) hatte im vergangenen Jahr bestätigt, dass erstmals seit mehreren Jahren wieder El-Niño-Bedingungen herrschen – und vor extremen Wetterereignissen gewarnt. «El Niño wird im Juni enden, aber die Temperaturen könnten in vielen Ländern in der ersten Hälfte dieses Jahres in die Höhe schießen», erklärte der thailändische Meeresökologe Thon Thamrongnawasawat schon vor Wochen und warnte vor einer historischen Hitzeperiode speziell in Teilen Asiens.
Bangladesch durchlebt momentan die längste Hitzewelle seit mindestens 75 Jahren. «Ich habe noch nie eine solche Gluthitze erlebt», sagt der 38-jährige Aminur Rahman aus der Hauptstadt Dhaka erschöpft. Um seine fünfköpfige Familie über Wasser zu halten, tritt er auf seiner Rikscha in die Pedale. Derzeit schafft er nur noch zwei Stunden am Tag. Aber es kommen sowieso kaum Kunden – auch in Dhaka bleiben die Menschen lieber in kühleren Innenräumen. Innerhalb weniger Tage starben dennoch mindestens zehn Menschen an einem Hitzschlag. Vorsorglich wurden Schulen geschlossen – genauso wie auf den Philippinen.
Mobile Duschen auf den Philippinen
Für den Inselstaat sagte das nationale Wetteramt einen alarmierenden Hitzeindex voraus: Die gefühlte Temperatur könnte in den nächsten Tagen und Wochen 57 Grad erreichen und eine «extreme Gefahr» darstellen. Wegen der erhöhten Nachfrage nach Strom zur Betreibung von Klimaanlagen drohten Ausfälle. «Unser Stromnetz ist überlastet, weil es so heiß ist», warnte Präsident Ferdinand Marcos Jr.
Die Gesundheitsbehörden haben die Bevölkerung aufgefordert, sich mit Schirmen und Sonnenhüten zu schützen und viel Wasser zu trinken. In Valenzuela, einer Vorstadt von Manila, hat die lokale Regierung kostenlose mobile Duschen eingesetzt. Dies soll vielen Bewohnern, die unter Wasserknappheit leiden, Abkühlung verschaffen und Hitzschlägen vorbeugen.
El Niño ist nicht mit dem vom Menschen verursachten Klimawandel verbunden. Es handelt sich um ein natürliches Wetterphänomen, das alle paar Jahre auftritt und mit der Erwärmung des Meerwassers im tropischen Pazifik und schwachen Passatwinden einhergeht. Es kann jedoch die Auswirkungen des Klimawandels verschärfen, da es einen zusätzlichen Erwärmungseffekt hat. Die Auswirkungen sind hauptsächlich in Südostasien, Australien, Afrika und Mittelamerika zu spüren.