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Wiederkehrende Nova: Warten auf den «neuen Stern»

Seit anderthalb Jahren rechnen Astronomen mit einem seltenen Himmelsschauspiel: einem plötzlichen aufleuchtenden neuen Stern. Doch die erwartete Supernova verzögert sich.

Das Sternbild Nördliche Krone, wo T Coronae Borealis aufleuchten soll
Foto: Patrick Pleul/dpa

Einen «neuen Stern» versprechen Astronomen: Sie erwarten eine gewaltige Explosion auf dem derzeit noch unscheinbaren, nur im Fernrohr sichtbaren Stern T Coronae Borealis (T CrB). Seine Helligkeit soll dabei um mehr als das Tausendfache ansteigen. Das seltene Himmelsschauspiel wäre dann sogar mit bloßem Auge sichtbar: Der Stern würde tagelang etwa so hell leuchten wie der Polarstern und sogar ein wenig heller als Gemma, der ansonsten hellste Stern im Sternbild Nördliche Krone.

Seit anderthalb Jahren warten Astronomen und Hobby-Himmelsforscher vergeblich auf das Aufleuchten von T CrB. Zuerst hieß es: im Februar 2024. Dann: im April – und schließlich: im Herbst, aber spätestens bis Jahresende. Doch nichts geschah – und so sind die Astronomen mit ihren Vorhersagen vorsichtiger geworden. Und kritischer.

Roter Riese und Weißer Zwerg

«Es war von Anfang an falsch, einen Zeitpunkt für den Ausbruch vorherzusagen», sagt der Astrophysiker Ulisse Munari von der Universität Padua, der als Experte für den Stern T CrB gilt. «Wir wissen zwar, dass die letzten Ausbrüche etwa 80 Jahre auseinander lagen – aber der Rest ist Spekulation. Es steht nirgends geschrieben, dass die Ausbrüche immer 80 Jahre auseinander liegen.»

Himmelsforscher bezeichnen T Coronae Borealis als «wiederkehrende Nova», als Stern also, der in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen hell aufleuchtet und deshalb mit bloßem Auge den Eindruck eines neuen Sterns macht. Tatsächlich handelt es sich bei T CrB um zwei Sterne, die sich auf einer engen Umlaufbahn – etwa im halben Abstand der Erde von der Sonne – gegenseitig umkreisen: einen kühlen Roten Riesenstern und einen kleinen, aber sehr heißen Weißen Zwerg. 

Erster Bericht über Helligkeitsausbruch im Jahr 1866

Der aufgeblähte Riesenstern ist ungefähr 75 Mal größer als unsere Sonne und stößt kontinuierlich Wasserstoff ins Weltall ab. Das Gas sammelt sich in einer rotierenden Scheibe und fließt von dort auf den etwa erdgroßen Weißen Zwerg herab. Schließlich sammelt sich so viel Wasserstoff auf der Oberfläche des Weißen Zwergs an, dass es zu einer thermonuklearen Explosion kommt. Innerhalb kurzer Zeit verbrennt der Wasserstoff durch Kernfusion zu Helium. Diese Reaktion setzt eine enorme Menge an Energie frei – und so leuchtet der Stern für einige Tage hell auf, über 1.000 bis 3.000 Mal heller als üblich.

Im Jahr 1866 berichtete der irische Astronom John Birmingham erstmals über einen Helligkeitsausbruch von T CrB. Nachdem 1946 Astronomen ein weiteres Aufleuchten des Sterns meldeten, kam die Vermutung auf, diese Ausbrüche könnten regelmäßig auftreten. In historischen Aufzeichnungen fanden sich tatsächlich Beobachtungen einer Nova in der Nördlichen Krone im Jahr 1788 und sogar im Jahr 1217.

Die Ausbrüche sind jedoch nicht völlig regelmäßig – die Zeitspanne zwischen ihnen variiert zwischen 78 und 81 Jahren. Dies erschwert eine genaue Vorhersage des nächsten Ausbruchs.

Pro Sekunde strömen 600 Milliarden Tonnen Wasserstoff auf den Stern

Im Februar 2015 stieg die Helligkeit von T CrB leicht an und fiel im Juni 2018 wieder leicht ab. Viele Forscher hielten dies für einen Hinweis auf einen bevorstehenden Ausbruch in wenigen Jahren, da Astronomen ein ähnliches Verhalten vor dem Ausbruch von 1946 beobachtet hatten. Einige Wissenschaftler kalkulierten, dass der Stern bis spätestens September 2025 erneut aufleuchten würde. Doch sie lagen falsch.

Das Problem liege, so erläutert Nova-Expertin Veronika Schaffenroth von der Thüringer Landessternwarte in Tautenburg, beim Zustrom von Wasserstoff auf den Weißen Zwerg. «Dieser Massentransfer ist sehr variabel und auch noch nicht zu hundert Prozent verstanden», so die Astronomin. Pro Sekunde strömen im Mittel etwa 600 Milliarden Tonnen Wasserstoff auf den Stern herab. 

Auffälliges Sternbild zwischen Bootes und Herkules

Allerdings deuten Beobachtungen in den Jahren 2017 bis 2023 darauf hin, dass der Zustrom in dieser Zeit geringer war als vor dem letzten Ausbruch im Jahr 1946. Entsprechend könnte es auch länger dauern, bis sich genügend Materie für die thermonukleare Explosion angesammelt hat. «Ich wäre nicht überrascht, wenn es erst 2026 oder sogar 2027 zu einem Ausbruch kommt», betont Sumner Starrfield von der Arizona State University, der ebenfalls Novae erforscht.

Für die Himmelsforscher bedeutet dies, weiterhin geduldig zu sein. Auf jeden Fall ist es jedoch auch für Hobby-Astronomen und Laien lohnenswert, gelegentlich einen Blick auf die Nördliche Krone zu werfen, um das Schauspiel, wenn es dann stattfindet, nicht zu verpassen. Die Nördliche Krone ist ein zwar kleines, aber dennoch auffälliges Sternbild zwischen Bootes und Herkules.

Die sieben hellsten Sterne bilden einen kleinen Halbkreis – gemäß der griechischen Sage handelt es sich um die mit Edelsteinen besetzte Krone von Ariadne, der Tochter von König Minos von Kreta. T CrB liegt auf der linken Seite des Halbkreises – und würde bei einem Ausbruch dem mittig in der Krone liegenden Edelstein kurzzeitig seine Rolle als hellster Stern streitig machen.

dpa