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Anstieg der Ehe-Qualität: Weniger Scheidungen in Deutschland

Ehepaare 2023 nach 14 Jahren und neun Monaten geschieden. Trend zu besseren Ehen trotz sinkender Scheidungszahlen.

Ehen seien in den letzten zwanzig Jahren erheblich besser geworden, sagt Psychotherapeut Wolfgang Krüger aus Berlin.
Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa-tmn

Die Anzahl der Scheidungen in Deutschland ist im letzten Jahr erneut gesunken. Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden 2023 rund 129.000 Ehen durch gerichtliche Entscheidung aufgelöst, was einem Rückgang um 6,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Dieser Wert erreichte 2023 den niedrigsten Stand seit der Deutschen Vereinigung im Jahr 1990 und gleichzeitig den zweitniedrigsten Stand seit 1950.

Ein Ehe-Aus kommt statistisch jedoch etwas früher. Im Jahr 2022 ließen sich Paare im Durchschnitt nach etwas mehr als 15 Jahren scheiden, während die im Jahr 2023 geschiedenen Ehepaare 14 Jahre und neun Monate verheiratet waren.

«Ehen tatsächlich erheblich besser geworden»

Für den Psychotherapeuten Wolfgang Krüger aus Berlin bedeute dies allerdings keinen Trend-Einschnitt: «Wir beobachten, dass die Ehen tatsächlich in den letzten 20 Jahren erheblich besser geworden sind», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Er führt diese Verbesserung auf mehrere Gründe zurück: Menschen würden mittlerweile oft nur noch heiraten, wenn sie wirklich ineinander verliebt seien und das Gefühl hätten, dass die Ehe gelinge. «Wir haben bei der Ehe vorher eine gewisse Qualitätsauswahl.» Im Unterschied zu den 60er und 70er Jahren müsse oftmals auch nicht mehr aus finanziellen Gründen oder wegen sozialen Drucks geheiratet werden.

Auch die verbesserte Krisenkommunikation spiele in länger haltende Ehen eine große Rolle. Viele Menschen wüssten mehr, wie man miteinander reden müsse oder Konflikte kläre. «Also wie Ehen wirklich gelingen, das wissen immer mehr Leute», sagte Krüger.

Zudem seien die äußeren Umstände ein Faktor: «Wir leben in schwierigen Zeiten, in denen man tiefe Verunsicherungen erlebt. Und dann will man einen Ort haben mit Sicherheit, wo man das Gefühl hat, «der andere hält zu mir».» Dieser Ort sei noch immer die Liebe und für viele letztlich auch die Ehe.

Schwierige Zeiten wie die Corona-Pandemie haben auf die Zahl der Ehescheidungen offenbar kaum Einfluss: «Auch die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung nicht beeinflusst», erklärten die Statistiker.

Mehr als 100.000 Kinder von Scheidung betroffen

Laut Statistischem Bundesamt hatten mehr als die Hälfte der rund 129.000 getrennten Paare minderjährige Kinder. «Insgesamt waren im Jahr 2023 etwa 109.600 Minderjährige von der Scheidung ihrer Eltern betroffen.»

Die Daten zeigen auch, dass immer noch einige Paare erst spät die Entscheidung treffen, getrennte Wege zu gehen: Knapp 17 Prozent der Geschiedenen waren mindestens im 25. Jahr verheiratet. Im Vergleich dazu waren es 2022 18 Prozent und 1997 wurden nur etwa zehn Prozent im Jahr ihrer Silberhochzeit oder später gerichtlich getrennt.

Einen Bruchteil der Scheidungen im Jahr 2023 nahmen gleichgeschlechtliche Paare ein – 1300 insgesamt. Dies waren etwa 200 oder 15 Prozent mehr als im Jahr 2022. Seit der Einführung der «Ehe für alle» im Oktober 2017 können in Deutschland keine Lebenspartnerschaften mehr begründet werden.

Laut Bundesamt können gleichgeschlechtliche Paare, die in einer zuvor eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, diese nicht durch Scheidung, sondern durch Aufhebung beenden. Im Jahr 2023 wurden etwa 700 Aufhebungen von Lebenspartnerschaften verzeichnet, was einen Rückgang um etwa 200 oder 19,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Somit ist die Zahl dieser Aufhebungen bereits das vierte Jahr in Folge gesunken.

Auch im Jahr 2023 ist die Zahl der Eheschließungen zurückgegangen, nachdem sie im Vorjahr deutlich angestiegen war. Es wurden etwa 360.000 Trauungen durchgeführt, während es im Vorjahr noch über 390.000 waren. Im Jahr 2021 war die Zahl der Eheschließungen aufgrund von Corona auf einen Tiefststand von etwa 357.000 gefallen.

dpa