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Erwärmung der Meere stört Liebesleben vom Engelshai

Forschungsteam beobachtet Auswirkungen auf Paarungsverhalten bei steigenden Wassertemperaturen – dramatische Folgen für Überleben der Art.

Die Engelhaie wurden für die Studie mit einem Sender versehen.
Foto: Michael J Sealey/Eurekalert/dpa

Die zunehmende Erwärmung der Meere bringt das Liebesleben einer vom Aussterben bedrohten Haiart aus dem Takt. Bei ungewöhnlich hohen Wassertemperaturen meiden weibliche Engelhaie nämlich ihre traditionellen Paarungsplätze – mit möglicherweise dramatischen Folgen für das Überleben der Haiart. Das fand ein internationales Forschungsteam heraus, das die Tiere über fünf Jahre beobachtete und nun in der Fachzeitschrift «Global Change Biology» darüber berichtet. 

An der Studie beteiligten sich Wissenschaftler der englischen Lancaster University und des Angel Shark Project – einer Kooperation, zu der unter anderem das Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) in Bonn gehört. Auf den Kanarischen Inseln wurden Bewegungsdaten von mehr als hundert Haien gesammelt, die zwischen 2018 und 2023 mittels Sendern verfolgt wurden.

Im Fokus der Studie stand das Meeresschutzgebiet rund um La Graciosa bei Lanzarote, einem der wichtigsten Lebensräume für Engelhaie. Besonders bemerkenswert: Im Jahr 2022 erreichten die dort gemessenen Wassertemperaturen über 23,8 Grad – und verblieben über der kritischen Schwelle von 22,5 Grad, was länger als gewöhnlich war.

Die Engelhaie wurden während der Paarungszeit im Spätherbst von ungewöhnlich hohen Temperaturen überrascht. Obwohl die Männchen weiterhin zu den Paarungsplätzen zurückkehrten, blieben die Weibchen größtenteils fern.

Extreme Hitze im Meer vergleichbar mit Waldbränden

Die extremen Hitzeperioden im Ozean seien vergleichbar mit Waldbränden, erklärt Studienleiter Dr. David Jacoby von der Lancaster University. «Sie wirken sich massiv auf Meereslebewesen aus.» Während die Männchen trotz Hitze an ihrem gewohnten Verhalten festhalten und weiterhin die Paarung priorisieren, sei für die Weibchen offenbar die körperliche Unversehrtheit wichtiger. Die Folge des Phänomens ist klar: Ohne Weibchen ist keine Fortpflanzung möglich.

Die Kanaren vor der Westküste Afrikas sind eines der letzten Rückzugsgebiete für den Engelshai. Dort ist das Tier, das eine Körperlänge von bis zu 1,8 Metern erreicht und eher wie ein Rochen aussieht, eine beliebte Attraktion für Taucher. Seinen Namen verdankt er seinen flügelartigen Brust- und Bauchflossen und wird auch Meerengel genannt.

«Bucht der Engel» an der Côte d’Azur wurde nach der Haiart benannt

Früher war der Gemeine Engelhai (Squatina squatina) von Skandinavien bis Nordwestafrika weit verbreitet. Zwischen Nizza und Antibes waren sie so häufig, dass die «Bucht der Engel» nach ihnen benannt wurde. Überfischung und Lebensraumverlust setzen der Art derweil stark zu. Da Engelhaie in flachen Küstengewässern leben, trifft sie diese Entwicklung besonders hart.

Die Fortpflanzung der Meerengel ist langsam. Laut der Umweltschutzorganisation WWF werden sie spät geschlechtsreif und bringen nur wenige lebende Jungtiere zur Welt. Dies trägt ebenfalls zum Rückgang der Art bei.

Die Forscher fordern, dass die Auswirkungen des Klimawandels auf die Meereswelt stärker berücksichtigt werden – und betonen die Wichtigkeit langfristiger Überwachung und verbesserter Schutzmaßnahmen in wichtigen Rückzugsgebieten wie den Kanaren. Denn auch unter Wasser nehmen extreme Wetterereignisse mit weitreichenden Folgen für alle Lebewesen zu.

dpa