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Zu hell in der Nacht: Licht als Gefahr für die Gesundheit

Warum schon kleine Lichtquellen im Schlafzimmer der Gesundheit schaden können – und wie sich das Risiko mit einfachen Mitteln senken lässt.

Städte, die nie schlafen: Gerade in Metropolen wie Frankfurt ist es kaum je wirklich dunkel.
Foto: Helmut Fricke/dpa

Straßenlaternen, Leuchtreklamen, Bildschirme im Schlafzimmer: Künstliches Licht in der Nacht ist längst Teil unseres Alltags. Neue Daten bestätigen jetzt, dass zu viel Licht in der Nacht unsere Gesundheit gefährden kann. Es begünstigt das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, so eine jetzt im Fachmagazin «JAMA Network Open» veröffentlichte Studie. 

Satellitenbilder belegen, dass die nächtliche Beleuchtung weltweit zwischen 1992 und 2017 um fast 50 Prozent zugenommen hat, insbesondere in Großstädten bleibt es kaum noch richtig dunkel.

«In unserer Studie mit 88.905 Erwachsenen im Alter von über 40 Jahren, haben wir festgestellt, dass helles Licht in der Nacht mit einem höheren Risiko für koronare Herzkrankheit, Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern und Schlaganfall verbunden ist», so das Team um Daniel Windred und Angus Burns. «Diese Zusammenhänge blieben auch bestehen, nachdem wir bekannte Risikofaktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum, Ernährung und Schlafdauer berücksichtigt hatten.»

Eine Woche mit Sensoren

Die Teilnehmer trugen für die Langzeitstudie eine Woche lang kleine Sensoren an den Handgelenken, die alle halbe Stunde die Lichteinstrahlung maßen. Basierend darauf wurden individuelle 24-Stunden-Licht-Belastungsprofile erstellt. Insgesamt sammelte das internationale Team von australischen, amerikanischen und englischen Universitäten über 13 Millionen Stunden an Daten. Anschließend wurden die Probanden fast zehn Jahre lang medizinisch überwacht, um neu auftretende Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu dokumentieren.

Die Resultate zeigen, dass Personen, die nachts starkem Licht ausgesetzt waren, ein um 45 bis 56 Prozent höheres Risiko für Herzinfarkte und Herzinsuffizienz hatten im Vergleich zu denen, die nur wenig oder gar keinem Licht ausgesetzt waren. Ebenso stieg das Risiko für Schlaganfälle und koronare Herzkrankheiten bei Personen mit intensiver Lichteinstrahlung im Schlafzimmer um 28 bis 30 Prozent.

Auch wenn das Team andere Faktoren wie Lebensstil oder Schlafverhalten berücksichtigte, blieb der Zusammenhang zwischen Nachtlicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen beständig. Lediglich die Gefahr von Schlaganfällen sank unter die Signifikanzschwelle, nachdem die Faktoren «kurzer Schlaf» und «hoher Cholesterinspiegel» eingerechnet wurden. 

Warum ist Lichteinstrahlung ein solches Risiko? 

Der biologische Zyklus von ungefähr 24 Stunden reguliert Körperfunktionen wie Schlaf, Stoffwechsel, Hormonproduktion und Körpertemperatur. Wenn er gestört ist, kann dies schwerwiegende Auswirkungen haben.

«Über Hunderte Millionen Jahren hat die Evolution unser internes Zeitsystem geformt, das sich an den täglichen Hell-Dunkel-Zyklen orientiert und sich je nach Jahreszeit ändert», erklärt Jonathan Cedernaes von der schwedischen Universität Uppsala in einem Kommentar zur Studie. «Heute jedoch sind unregelmäßige und wechselnde Schlaf-Wach-Zeiten sehr verbreitet.» Bis zu zwei Drittel der Erwachsenen würden heute ihren Schlaf-Wach-Rhythmus von Wochentagen auf freie Tage um zwei Stunden verschieben, das sei als «sozialer Jetlag» bekannt und könne den Effekt noch verstärken.

Womöglich ähnliche Wirkung wie Schichtarbeit

Die künstliche Beleuchtung kann beispielsweise die Melatoninausschüttung beeinflussen, aber auch zu einer erhöhten Herzfrequenz, hohem Blutdruck, gestörtem Tiefschlaf und schlechterer Insulinsensitivität beitragen. Die Forschenden vermuten, dass künstliche Beleuchtung somit ähnliche Auswirkungen wie Schichtarbeit hat.

Eine Einschränkung: «Es ist noch nicht klar, ob diese Ergebnisse verallgemeinert werden können. Die untersuchte Gruppe besteht überwiegend aus Weißen, Personen mit höherem Bildungs- und Einkommensniveau und Frauen.» Unklar bleibe auch, ob verschiedene Lichtfarben – zum Beispiel blaues oder grünes Licht – unterschiedlich wirken. Hier sehen die Forschenden Potenzial für weitere Untersuchungen. 

Es ist jedoch bereits klar: Die Reduzierung von nächtlichem Licht kann das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern. Wenn man etwas gegen nächtliche Beleuchtung im Schlafzimmer unternehmen möchte, kann man auf Vorhänge und Schlafmasken zurückgreifen und das Smartphone sowie den Fernseher vor dem Schlafengehen ausschalten.

dpa