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Lufthansa darf bei italienischer Fluggesellschaft Ita einsteigen

Die EU-Kommission hat grünes Licht gegeben. Lufthansa erwirbt zunächst 41% der Anteile an Alitalia-Nachfolgerin Ita.

Lufthansa kann jetzt Ita übernehmen.
Foto: Luca Bruno/AP/dpa

Die Lufthansa darf in die staatliche italienische Fluggesellschaft Ita einsteigen. Nach eingehender Prüfung hat die EU-Kommission grünes Licht gegeben. Allerdings muss das Traditionsunternehmen eine Reihe von Bedingungen erfüllen. Die Wettbewerbshüter aus Brüssel fordern unter anderem, dass die Partner Start- und Landerechte in Mailand-Linate abgeben und neuen Wettbewerbern auf der Mittel- und Langstrecke Unterstützung bieten. Es wird auch Verhandlungen mit Konkurrenten geben.

In einem ersten Schritt erwirbt der MDax-Konzern vorerst 41 Prozent der Anteile an der ehemaligen Alitalia. In den kommenden Jahren könnte es zu einer vollständigen Übernahme kommen. Zur Mittagsstunde werden die beiden Konzernchefs Carsten Spohr und Antonino Turrichi gemeinsam in Rom vor der Presse über die Entscheidung sprechen. Auch Italiens Finanzminister Giancarlo Giorgetti wird anwesend sein.

Langes Tauziehen

Die Verhandlungen und Prüfungen für den Einstieg des umsatzstärksten Luftverkehrskonzerns Europas bei der bisherigen italienischen Konkurrenz dauern bereits seit über einem Jahr an. Die Italia Trasporto Aereo (ITA) entstand 2020 aus der staatlichen Fluglinie Alitalia, die wiederholt in schwere Turbulenzen geraten war. Derzeit hat das Unternehmen noch etwa 4500 Mitarbeiter. Im Vergleich dazu hat der Lufthansa-Konzern derzeit fast 99.000 Mitarbeiter und hat in der Vergangenheit bereits drei ehemalige Staatsfluggesellschaften integriert. Die Marken und Drehkreuze in den jeweiligen Heimatländern Schweiz, Österreich und Belgien blieben erhalten. Die ITA ist zwar nicht der offizielle Rechtsnachfolger von Alitalia, hat sich aber die Rechte an dem legendären Namen gesichert, der laut Konzernkreisen bald wiederbelebt werden könnte.

Zugang zum italienischen Markt

Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte sich zuletzt optimistisch gezeigt, zügig die Genehmigung aus Brüssel zu bekommen. Die Lufthansa verschafft sich mit der Übernahme Zugang zum italienischen Markt, der vor allem wegen der engen Beziehungen in die USA sehr lukrativ ist. Dass mit der Ita eine weitere Airline der von Air France dominierten Allianz «Sky Team» gebrochen wird, ist ein erwünschtes Nebenergebnis. 

Ita kann allein nicht überleben

Viele Experten sind der Meinung, dass Ita allein nicht überleben könnte. Im Heimatmarkt wurde sie von Billigfliegern wie Ryanair und Easyjet in die zweite Reihe gedrängt. Auf den profitablen Strecken über den Atlantik hat sie Schwierigkeiten, gegen die stärkere Konkurrenz der US-Anbieter anzukommen. In einem starken Verbund wie mit der Lufthansa ist es erheblich einfacher, wie auch die EU-Kommission anerkannt hat.

Die EU-Wettbewerbshüter hatten Bedenken geäußert, da Lufthansa über dem Nordatlantik mit United und Air Canada Absprachen trifft. Andere US-Carrier sowie europäische Konkurrenten wie IAG mit British Airways und Air France-KLM sind ebenfalls auf dem lukrativsten Luftverkehrsmarkt der Welt aktiv. Im März war die Kommission der Ansicht, dass der Wettbewerbsdruck auf Strecken zwischen Italien und den USA sowie von und nach Kanada und Japan vernachlässigbar sei.

Des Weiteren hatten die EU-Beamten Bedenken, dass sich bei der Lufthansa auch auf Kurzstrecken zwischen Italien und mitteleuropäischen Ländern zu viel Marktmacht konzentrieren könnte. Konkurrenz gebe es zwar – in erster Linie durch Gesellschaften wie Ryanair – solche Billigfluggesellschaften starteten aber oft von abgelegenen Flughäfen. Lufthansa ist auch seit Jahren mit der eigenen Regionalgesellschaft Air Dolomiti in Norditalien aktiv.

Höhere Ticketpreise befürchtet

Die EU-Kommission war besorgt über mögliche Nachteile für Verbraucher. Wenn es wenig Wettbewerb auf bestimmten Strecken gibt und ein Anbieter über viel Marktmacht verfügt, könnte er theoretisch Preise über dem üblichen Niveau festlegen. Dies würde es den Kunden erschweren, zu günstigeren Wettbewerbern zu wechseln. Aus diesem Grund gibt es strenge Wettbewerbsregeln in der EU.

Die italienische Rechtsregierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni vermutete zwischenzeitlich, dass andere Konkurrenten die Übernahme in Brüssel ausbremsen wollten. Auch aus Rom wurden offene Vorwürfe in Richtung Frankreich und Air France geäußert.

Sparrunden bei Flotte und Personal bereits überstanden 

Ähnlich wie bei der Swiss, die 2007 übernommen wurde, handelt es sich bei Ita um ein saniertes Unternehmen, das schmerzhafte Sparmaßnahmen bei Flotte und Personal durchlaufen hat. Lufthansa-Experten sind der Meinung, dass durch gemeinsamen Einkauf und bessere Planung schnell operative Gewinne erzielt werden könnten. Der gemeinsame Businessplan von Lufthansa und dem römischen Finanzministerium sah bereits im Vorjahr einen Umsatz von 4,1 Milliarden Euro für das Jahr 2027 vor (2022: 1,6 Mrd).

Risikofaktor italienische Regierung 

325 Millionen Euro sollen als erste Rate für 41 Prozent der Anteile in das Eigenkapital der Fluggesellschaft mit 71 tiefblau lackierten Flugzeugen investiert werden. Der italienische Staat, trotz der häufigen Regierungswechsel ein potenzieller Risikofaktor, bleibt vorerst an Bord. Ab 2025 hat die Lufthansa die Möglichkeit, unter festgelegten Bedingungen weitere 49 Prozent zu erwerben und möglicherweise sogar alleiniger Eigentümer der Fluggesellschaft zu werden. Die Übernahme der restlichen 10 Prozent vom Staat hängt von der geschäftlichen Entwicklung ab.

Als möglicher neuer Ita-Chef wird der Lufthansa-Strategiechef Jörg Eberhart diskutiert, der bereits fast acht Jahre lang die in Norditalien aktive Regionaltochter Air Dolomiti geleitet hat. Er könnte zusammen mit einem weiteren Lufthanseaten in den fünfköpfigen Ita-Verwaltungsrat eintreten.

dpa