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Pogacar stürmt ins Gelbe Trikot – Vingegaard abgehängt

Am vierten Tag der 111. Frankreich-Rundfahrt kommt es am Col du Galibier zum großen Schlagabtausch – und dieses Mal lässt sich der slowenische Radstar nicht mehr einfangen.

Tadej Pogacar übernimmt nach der vierten Etappe der Tour de France wieder das Gelbe Trikot.
Foto: Jan De Meuleneir/Belga/dpa

Nachdem er inmitten der meterhohen Schneewände auf dem Alpen-Riesen Col du Galibier seinem Widersacher Jonas Vingegaard einen schweren Schlag versetzt hatte, klopfte sich Tadej Pogacar stolz auf die Brust. Der zweimalige Tour-Champion hat mit einer Gala-Vorstellung im Duell der Giganten bei der 111. Tour de France einen großen Schritt auf dem Weg zu seinem dritten Gesamtsieg gemacht. Pogacar hängte den Dänen in 2642 Metern Höhe erstmals ab und holte sich nach einer atemberaubenden Abfahrt in Valloire das Gelbe Trikot von Olympiasieger Richard Carapaz (Ecuador).

Pogacar gewann die vierte Etappe alleine mit einem Vorsprung von 35 Sekunden vor dem Jungstar Remco Evenepoel. Vingegaard verlor als Fünfter sogar noch mehr Zeit und liegt damit vorerst deutlich zurück. Aufgrund der Bonussekunden hat Pogacar jetzt im Gesamtklassement sogar einen Vorsprung von 45 Sekunden auf Evenepoel und 50 Sekunden auf Vingegaard.

«Ich bin super glücklich, das war der Plan und wir haben ihn gut ausgeführt. Es war eine Traumetappe für mich. Ich wollte heute hart zuschlagen, ich habe dafür viel trainiert», sagte der Radstar.

Roglic und Evenepoel am Berg chancenlos

Und zusätzlich scheint es klar zu sein: Am Berg scheint Vingegaard der einzige Fahrer zu sein, der Pogacar den Sieg streitig machen kann. Nur der Däne konnte bei den explosiven Bergsprints des Ausnahmekönners ein wenig Paroli bieten. Landsmann Primoz Roglic aus dem deutschen Red-Bull-Team war am Berg chancenlos, hielt den Schaden aber wie Zeitfahr-Weltmeister Evenepoel aufgrund einer starken Abfahrt in Grenzen.

Was für ein spannendes Duell auf der ersten Hochgebirgsetappe, die zurück nach Frankreich führte. Wie entfesselt ergriff Pogacar 823 Meter vor dem Gipfel die Initiative, doch Vingegaard machte ihm das Leben auf der 139,6 Kilometer langen Etappe von Pinerolo nach Valloire schwer. Irgendwann war der Widerstand jedoch gebrochen. Oben angekommen hatte der Slowene nicht nur sieben Sekunden Vorsprung, sondern auch weitere acht Bonussekunden herausgeholt. Und auf der rasenden Abfahrt bei Tempo 90 vergrößerte Pogacar den Vorsprung immer weiter.

Räumfahrzeuge auf dem Galibier im Einsatz

Der Weg zum Galibier, der 23 Kilometer lang ist und durchschnittlich 5,1 Prozent steil ansteigt, war vorbereitet. Am Tag zuvor hatten Schneepflüge die Passstraße geräumt. Auf dem mythischen Berg, der erstmals 1911 in das Tour-Programm aufgenommen wurde, hatte es noch vor einem Monat geschneit. Der Galibier wurde für den öffentlichen Verkehr erst am 23. Juni geöffnet. Ein großer Kontrast für die Radprofis, die am Wochenende beim Tour-Start in Italien mit 35 Grad zu kämpfen hatten.

Das UAE-Team von Pogacar setzte auf den Rampen ein beeindruckendes Tempo. Bekannte Stars wie die ehemaligen Toursieger Geraint Thomas (Großbritannien) und Egan Bernal (Kolumbien) sowie alle Helfer von Vingegaard wurden frühzeitig distanziert.

Bereits bei der Abfahrt vom Col de Montgenèvre, dem vorletzten Anstieg, hatte Pogacar seine UAE-Armada das Tempo vorgeben lassen, was dazu führte, dass sich schnell ein großes Loch im Peloton auftat. Vingegaard ließ sich – im Gegensatz zu Primoz Roglic – von diesem plötzlichen Angriff jedoch nicht überraschen, weshalb schnell wieder Ruhe einkehrte.

«Der Druck liegt nicht bei mir», hatte Vingegaard vor dem Duell bereits gesagt. Für den 27-Jährigen, der im Frühjahr bei der Baskenland-Rundfahrt mehrere Rippenbrüche, eine Lungenquetschung und einen Pneumothorax erlitten hatte, geht es zuvorderst darum, Pogacar nicht entwischen zu lassen. Schon am Sonntag hatte Vingegaard beim ersten Kräftemessen nach San Luca hinauf die Attacken von Pogacar bravourös pariert.

Politt in der Ausreißergruppe

Bei der ersten Etappe in den Alpen wurde das Geschehen zunächst von einer 17-köpfigen Ausreißergruppe bestimmt. Darunter war auch der Kölner Zeitfahrmeister Nils Politt vom Pogacar-Team. Dies war jedoch nur der Fall, da er seinem Kapitän auch nach den ersten beiden Bergwertungen des Tages noch unterstützen konnte.

Nach den Anstrengungen im Hochgebirge haben die Sprinter am Mittwoch auf der fünften Etappe über 177,4 Kilometer von Saint-Jean-de-Maurienne nach Saint-Vulbas erneut die Hoffnung auf ein Massensprintankunft. Es müssen nur zwei kleinere Anstiege der vierten Kategorie bewältigt werden.

dpa